Planetenfotografie – Ratgeber für Einsteiger und Fortgeschrittene

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Mond- und Planetenaufnahmen

Die besten Planetenaufnahmen entstehen mit Geräten, die über eine hervorragende Abbildungsqualität verfügen und gut kollimiert sind. Bereits kleinste Verkippungen des Hauptspiegels gegen den Fangspiegels führen zu unscharfen Abbildungen in den Bildfeldecken. Für kleine Planeten spielt das eine ebenso große Rolle wie für hochauflösenden Mondaufnahmen. Man könnte sogar sagen, dass die Justage bei Planetenaufnahmen wesentlich wichtiger ist als bei Deep Sky Aufnahmen. Eine grobe Kollimation mit einem Justierlaser reicht üblicherweise aus. Jedoch hat der Hauptspiegel beim Umschwenken leichtes Spiel und macht die perfekte Kollimation zunichte. Auf einer EQ-Montierung gibt es mehr als eine Richtung, in der sich der HS bewegen kann. Daher sollte die Justage stets in der Position erfolgen, in der das Teleskop später geschwenkt wird. Trotz der Kollimation mit dem Justierlaser sollte vor der eigentlichen Planetenaufnahme am Stern nachjustiert werden. Die Ausrüstung mit Barlowlinse, ADC, Filterrad und Kamera erzeugt ein unheimlich hohes Moment auf den OAZ bzw. den Tubus. Leichte Verkippungen sind die Folge. Die Justage am Stern ist relativ einfach, erfordert aber definitiv Übung. Diese erfolgt nur über den Hauptspiegel. Der Fangspiegel bleibt davon unberührt! Für die Justage sollte das Seeing relativ gut sein und der Stern möglichst hell und mit geringer Eigenbewegung. Die Justage sollte nicht direkt mithilfe des Live-Viewers erfolgen, sondern über Aufnahmen. Je näher man an dem Fokus ist, desto feiner wird die Justage. Es macht demnach keine Sinn die Justage an einem völlig defokussierten Stern durchzuführen.

Die Größe eines Teleskops nichts über die tatsächliche Qualität einer Aufnahme aus. Bei sehr gutem Seeing und hohem Planetenstand von über 40° über dem Horizont können Teleskope mit 12″ Öffnung und mehr verwendet werden. Ist das Seeing eher mittelmäßig bis schlecht oder der Planetenstand tief, dann empfiehlt sich der Einsatz eines 8″ Newton Teleskops.

Eine Methode beschreibt, dass nahe dem Fokus die Sternscheibchen in Form von Donuts rundherum gleichhell sein sollten. Im untenstehenden Bild sind die Sterne leicht defokussiert und sehen wie Donuts aus. In der Ecke oben links sind die Sterne leicht dunkler.Bei dieser Methode sollte ein Bild mit wenigen Sekunden Belichtungszeit aufgenommen werden, um die dunklen Stellen leichter identifizieren zu können. Nun wird der HS mittels Justageschrauben so eingestellt, dass der Stern in Form eines Donuts in genau diese Richtung bewegt wird. Dann wird der Stern durch Schwenken des Teleskops wieder in die Bildfeldmitte gebracht und erneut ein Bild aufgenommen. Es ist wichtig, dass sich der Stern stets in den Bildfeldmitte befindet, da Newtons in Richtung Rand zu Koma neigen. Wenn der Stern in Donutform rundherum gleichhell ist, ist der Newton bereits gut kollimiert.

Sternjustage
Sternjustage an einem Newton Teleskop

Es gibt noch weitere Methoden, um die Justage am Stern zu prüfen. Dafür darf der Stern aber nicht ausgebrannt sein. Im leicht defokussierten Zustand sollten 1-3 Interferenzringe zu sehen sein. Diese müssen alle den gleichen Abstand zum Rand hin haben. Es können auch Videos vom Stern gemacht und gestackt werden. Dann werden diese besser sichtbar. Diese Methode birgt aber auch ein Risiko, denn oftmals ist garnicht klar, ob die Asymmetrie von einem thermischen Ungleichgewicht her rührt oder von einer Dejustage. Nun hat man also einen defokussierten Stern bei dem z.B. oben links die Ringe kaum noch zu sehen sind. Wenn man nun gedanklich oder mittels Software einen Ring um den Mittelpunkt zieht, wird man feststellen, dass der Abstand nicht überall gleichgroß ist. Der Stern wird demnach mittels HS-Justageschrauben in die Richtung bewegt, in der die Ringe wenig Kontrast haben bzw. kaum noch sichtbar sind.

Die besten Planetenaufnahmen entstehen im Sommer. Im Herbst kommt es abends nämlich zu einem drastischen Temperaturabfall, wodurch starkes Tubusseeing entsteht. Der Planet schwimmt das regelrecht im Bild. Zusätzlich wird dieser Effekt z.B. auf Balkone durch Fenster und Hauswände verstärkt. Abhilfe schafft hier an saugender Lüfter am Tubusende hinter dem Hauptspiegel. Auch bei Deep-Sky-Aufnahmen sollte ein Lüfter verwendet werden, um die Temperatur möglichst schnell anzugleichen.

Eine weitere Grundvoraussetzung für gute Aufnahme ist der Fokus. Insbesondere Anfänger stellen sich oft die Frage, wie man eigentlich richtig fokussiert? Wer sein Teleskop zum ersten Mal nutzt, sollte tagsüber ein weit entferntes Objekt grob anvisieren und den Fokus grob einstellen. Am Abend kann dann am hellen Stern nachfokussiert werden.

Die Astrofotografie erfordert eine wesentlich feinere Fokussierung als die visuelle Beobachtung. Für die Deep Sky Astrofotografie sollte unbedingt eine Bahtinovmaske verwendet werden. Bei der Planetenfotografie reicht es oftmals aus, das anvisierte Objekt von etwas weiter weg zu betrachten und den Fokus so lange nachzustellen, bis die Strukturen scharf zu erkennen sind. Dabei konzentriert man sich auf die kleinsten Strukturen. Das Seeing muss dafür aber mittelmäßig bis sehr gut sein. Für eine Fokusgrundposition sollte bei Mono-Kameras mit dem Grünkanal fokussiert werden.

Wer ein Teleskop mit viel Öffnung nutzt und keine ruhige Hand hat oder eine EQ-Plattform aus der Ferne betreibt, sollte zu einer motorisierten Fokussierhilfe greifen. Zwar ist der Wechsel zwischen Intra- und Extrafokal etwas langsamer, aber es lässt sich damit wesentlich komfortabler fokussieren. Der schnelle Wechsel zwischen intra- und extrafokal ist deshalb so wichtig, weil der optimale Fokuspunkt nicht immer so einfach zu finden ist. Durch mehrmaliges Wechseln zwischen intra- und extrafokal kann man sich immer näher am Fokuspunkt herantasten. Das funktioniert mit einem Motorfokus aber auch sehr zuverlässig. Zudem lassen sich für unterschiedliche Filter Fokusabweichungen speichern, was ein schnelleres Arbeiten ermöglicht. Wir nutzen dafür das Pegasus Motor Focus Kit v2 (Universal), dass mit reichlich Zubehör ausgestattet ist und nützliche viele Funktionen bietet, die über die Software genutzt werden können.

Motorfokus
Pegasus Motorfokus

Bei einer One-Shot-Farbkamera ist es recht einfach die Belichtungszeit und den Gain zu bestimmen. Bei einer monochromen Kamera mit verschiedenen Filter muss der Gain entsprechend angepasst werden. Die folgende Tabelle soll beispieltaft einige typische Parameter zeigen. Die Werte beziehen sich auf die Abbildung mit einer TeleVue Barlowlinse 2,5x Powermate 1,25″. Der Offset kann auf “Standard” belassen werden. Die horizontale Farbskala des Histogramms sollte bei Mond und Planeten die 100% Marke nicht überschreiten. Bei 70-89% können die besten Ergebnisse erzielt werden. Grundsätzlich kann man sowohl am Gain als auch an der Belichtungszeit drehen, um mit gleichen Histogrammwerten zu arbeiten.

Jupiter R G B L (UV/IR-Sperrfilter) IR-Passfilter
Belichtungszeit 10ms 10ms 10ms 12ms
Gain 310 290 330 390
Mond R G B L (UV/IR-Sperrfilter) IR-Passfilter
Belichtungszeit 10ms
Gain 330

Das Zusammenspiel zwischen Gain und Belichtungszeit ist stets vom Seeing abhängig. Bei schlechtem Seeing sollte der Gain sehr hoch und die Belichtungszeit möglichst kurz sein. Darüber hinaus sollte bei schlechtem Seeing keine Brennweitenverlängerung mittels Barlowlinse erfolgen. Bei guten bis hervorragenden Seeingbedingungen wird die Brennweite mit einem Barlowlinsenelement verlängert. Aber Vorsicht, denn eine Brennweitenverlängerung verdunkelt die Abbildung. Damit ergeben sich längere Belichtungszeiten und höhere Gainwerte. Das führt allerdings zu einem unscharfen und verrauschten Bild. Beim Einsatz von Barlowlinsen ist außerdem darauf zu achten, dass der Arbeitsabstand zwischen Kamerasensor und Barlowlinse nicht zu groß ist. Die Standard-Barlowlinsenelemente können bei einem großen Arbeitsabstand die Abbildungs weiter vergrößern. Dadurch werden schlechte Seeingeinflüsse verstärkt und das Bild wesentlich dunkler. Es gibt telezentrische Elemente wie die Tele Vue Powermate, die Abhilfe schaffen.

Planet Histogrammlevel* Sonstige
Jupiter 89-95% Fokussierung mithilfe der Jupitermonde bei sehr hohem Gain
Saturn 80-90%

Hoher Gain und somit höhere Framerate. Das Rauschen lässt sich durch große Datenmengen wieder herausrechnen.

Saturn hat eine geringe Oberflächenhelligkeit. Daher sind mehr Frames nötig, um eine gute Qualität der Aufnahmen zu erreichen.

Saturn sollte mit WINJUPOS derotiert werden, um kleine Spots, die z.B. Stürme darstellen können, zu sehen.

Mars

R und G: 80-90%

B: ~70%

Für eine echte Farbdarstellung sollte bei Farbkameras auf den UV-/IR-Sperrfilter verzichtet werden. Bei Monokameras reicht es aus, den Mars mit den RGB-Filtern zu fotografieren. Der Rotkanal kann auch als Luminanz verwendet werden.

Profitipp: Beim Mars kann der Baader Blaufilter von Vorteil sein, da dieser etwas mehr Licht als die Konkurrenz durchlässt. Für die Luminanz sollte man sich seinen eigenen Bandpassfilter zusammenstellen. Einen Wellenlängenbereich von etwa  610 bis 720nm erreicht man z.B. mit dem Baader R610 und dem Astronomik UV/IR-Sperrfilter. Dadurch verliert man weniger Auflösung als mit den typischen IR-Passfiltern, hat aber gleichzeitig ruhigeres Seeing.

*Der Histogrammlevel kann sowohl durch den Gain als auch durch die Belichtungszeit beeinflusst werden.

Kameras wie die ZWO ASI 178 MC lassen unter anderem auch das Einstellen von Parametern wie Weißabgleich für die Kanäle Rot und Blau zu. Möchte man beispielsweise den Mars fotografieren, erhält man durch die Standardeinstzellungen in SharpCap oder einer anderen Software ein ungleichmäßiges Histogramm (logarithmische Darstellung aktivieren). Wird Rot auf 90% gesetzt, ist blau lediglich auf rund 20%. Das ist eindeutig zu wenig und es gehen Informationen verloren. Hier hilft es, mit den Parametern zu spielen, auch wenn der Mars im Livebild plötzlich grün oder gelblich erscheint. Die Farben lassen sich nach dem Stacken während der Bildbearbeitung korrigieren. Leider lässt sich der Blaukanal nur minimal im Histogramm erhöhen. Alternativ bietet sich deshalb eine Monokamera an, bei der die Kanäle getrennt voneinander aufgenommen werden. Übrigens sollten das Gamma und die Helligkleit unter den Einstellungen des Weißabgleichs in der Aufnahmesoftware deaktiviert werden! 

Kommen wir nun zurück zu den wohl wichtigsten Parametern: Gain und Belichtungszeit. Mithilfe des Histogramms müssen Gain und/oder Belichtungszeit an die einzelnen Filter einer Mono Kamera angepasst werden. Man kann aber auch den Filter mit dem höchsten Histogrammwert wählen und die Parameter so anpassen, dass das Histogramm den Wert von 90% nicht überschreitet. Für die anderen beiden Filter ergeben sich bei gleichem Gain zwar etwas dunklere Bilder, aber auch damit lässt sich arbeiten. Unser Vergleich zeigt, dass auch bei konstantem Gain und unterschiedlichen Histogrammwerten die Bilder gelingen können, auch wenn etwas an Schärfe verloren geht.

Jupiter_GainExp_Mono
Jupiter – Vergleich von unterschiedlichen Gains bei einer Monokamera mit Filterset

Wir nutzen für unser Setup eine TeleVue Barlowlinse 2,5x Powermate 1,25″ mit ADC und Filterrad. Der Arbeitsabstand beträgt etwa 80mm. Laut Hersteller wirkt die Barlowlinse dann wie eine 3-fach Barlow. Das Bild wird sehr viel dunkler. Bei einer Belichtungszeit von 10-15ms muss der Gain bei Jupiter auf das Maximum gesetzt werden. Dadurch erhöht sich das Bildrauschen der Einzelbilder und es muss ein prozentualer Anteil von Einzelbildern gestackt werden. Einige gute Astrofotografen nehmen beim Mond zwischen 1000 und 2000 Einzebilder auf, von denen 10-15% gestackt werden. Bei Planeten sind es rund 3000 Einzelbilder, von denen 10-15% aufaddiert werden. Bei einem sehr hohen Gain sind es bereits 30-40% der Bilder, die gestackt werden müssen, um nach dem Nachschärfen ein relativ rauschfreies Bild zu erhalten. Bei Mondaufnahmen können manche Krater je nach Struktur im Inneren ausgebrannt erscheinen. Hier hilft es, wenn zwei Videos aufgenommen werden. Für das eine Video wird auf den Krater belichtet und für das andere die Umgebung. Nach dem Stacken der einzelnen Videos werden die beiden Summenbilder einfach als Ebenen zusammengelegt. Der überbelichtete Krater kann dann mit dem Radierer bearbeitet werden.

Das Rauschen infolge des hohen Gains kann durch die gestackte Einzelframes bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden. Je mehr Daten vorhanden sind, desto weniger wird das Rauschen. Dennoch sollte man es mit der Brennweitenverlängerung nicht übertreiben, um möglichst viele FPS zu erhalten. Bei Kameras von ZWO kann der High Speed Modus aktiviert und gleichzeitig eine möglichst geringe Auflösung genutzt werden. Nur so wird gewährleistet, dass das Maximum an FPS genutzt wird. Jedoch raten manche Astronomen davon ab, den High Speed Modus zu aktivieren. Die FPS sollte stattdessen über die Belichtungszeit beeinflusst werden. Turbo-Modus darf zwischen 60 und 100% betragen.

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Für unsere Planetenvideos haben wir den High Speed Mode deaktiviert. Capture Area haben wir auf maximal 800×600 Pixel gesetzt und die Belichtungszeit bei Jupiter beträgt rund 10ms. Dabei erreichen wir 100 fps. Dabei sollte stets auf die Helligkeitsverteilung im Histogramm geachtet werden. Diese darf nicht mehr als 90% betragen und muss je nach Filterfarbe angepasst werden. Die Filter können auch den Fokus beeinflussen und das, obwohl diese als homofokal beworben werden. Das kann mehrere Gründe haben, auf die wir hier nicht näher eingehen möchten. Bei Planeten wie Jupiter sollte der Fokus mit dem Grünfilter eingestellt werden. So hat man zumindest einen mittleren Fokus, der zwischen Rot und Blau liegt. Manche Tools wie FireCapture bieten zusätzliche Funktionen an, um den Fokus je nach Filter um einen bestimmten Betrag anzupassen. Wer FireCapture nutzt, sollte das Gamma während der Aufnahmen deaktivieren! Bei einem Newton 12″ sollte die Videolänge für Jupiter maximal 40 Sekunden pro Kanal betragen, um scharfe Aufnahmen zu erhalten. Bei einem Newton 8″ können es auch 60 Sekunden sein.

Bei bewölktem Himmel ist darauf zu achten, dass es keine Helligkeitsunterschiede während einer Aufnahmen gibt. Ansonsten kann es beim Stacken zu Problemen kommen, da sehr helle Objekte mit einer hohen Qualität bewertet werden und die dunklen Einzelframes nur unzureichend bewertet werden. Diese  Frames können in AutoStakker!3 mit der Leertaste entfernt werden oder alternativ mittels PIPP.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Fokussieren. Dazu wird im Live-Bild auf die kleinste sichtbare Struktur scharf gestellt. Bei unruhigen Seeingbedingungen ist das natürlich sehr schwierig. Für eine bessere visuelle Bewertung der Schärfe kann der Gain kurzzeitig sehr hoch eingestellt werden. Gleichzeitig sollte die Belichtungszeit nicht kleiner als 1/30s sein, um Ruckler zu vermeiden. Eine Bahtinov-Maske am Stern hilft allerdings nicht dabei, den richtigen Fokus zu finden. Bei Mond- und Planetenaufnahmen unbedingt direkt am Objekt fokussieren.

Profitipp: Wer bei gutem Seeing scharfe Bilder haben möchte, sollte unbedingt hin- und herfokussieren. Üblicherweise liegt der optimale Punkt innerhalb eines sehr kleinen Bereichs. In diesem Bereich ist es sogar mit Motorfokus extrem schwierig, den optimalen Fokus zu finden. Insbesondere dann, wenn das Seeing nicht stabil ist. Wenn man sich allerdings z.B. mittels Motorfokus in diesem Bereich bewegt und stets hin- und herfokussiert, wirkt man dem Seeing etwas entgegen und erwischt den optimalen Punkt öfters. Beim leichten intra und extra fokal hat man übrigens auch leichtes flimmern im Bild. Irgendwo dazwischen liegt der optimale Fokuspunkt. Ein weiteres Profitipp ist die Lüftung. Wer sein Teleskop mit einer saugenden Lüftung am Tubusende ausstattet, sollte den oder die Lüfter auf niedriger Stufe konstant mitlaufen lassen. Das sorgt für weniger Luftunruhe und bessere Aufnahmen.  

Mondnahaufnahmen unterscheiden sich kaum von Planetenaufnahmen. Jedoch sollte man Mondnahaufnahmen bei Vollmond oder kurz vor dem Vollmond vermeiden, da durch das reflektierende Licht der Sonne wenig Schatten vorhanden sind. Dadurch wirken die Mondnahaufnahmen etwas kontrastlos. Bei Mondnahaufnahmen sind Videos von 60-90 Sekunden üblich. Übrigens können auch bei Vollmond Planetenvideos aufgenommen werden. In unserem Fall sind uns bei einer Vollmondnacht die besten Jupiterbilder gelungen.

Konvertierung von Planetenvideos

Die Planetenvideos werden mit PIPP in ein gängiges Videoformat (z.B. AVI-Format) konvertiert. Für Farbaufnahmen sollte unter Input Options->Raw Image File options der Punkt Debayer Raw Image Files aktiviert werden. Für Aufnahmen mit einer monochromen Kamera sollte dieser Punkt deaktiviert werden. Zusätzlich muss unter Color Debayer die Option Debayer monochrome frames deaktiviert werden. Ansonsten würde dies zu einem unschönen Farbrauschen in einem eigentlich schwarz-weiß-Bild kommen. Unter Input Frame Colour kann außerdem festgelegt werden, ob das Bild farblich oder monochrom ist.

PIPP_Debayermonochrome
PIPP – Einstellungen für Planetenvideos mit One-Shot Farbkameras und monochrome Kameras mit L-RGB Filtersatz

Eine weitere nützliche Funktion ist der Noise Filter unter Processing Options. Damit wird das Rauschen der Einzelframes von monochromen Kameras deutlich verringert. Allerdings muss bei der Bildbearbeitung dann auch deutlich stärker nachgeschärft werden, das Endergebnis ist aber detailreicher und rauschfreier.

PIPP_Denoise
PIPP – Jupiter mit und ohne Rauschfilter

Die Quality Estimation, bei der nur die besten Frames beibehalten werden, lieferte in unserem Test ein befriedigendes Ergebnis. Oder besser gesagt: Bei Videos mit dem Quality Estimator sind die Einzelframes mit einer Qualität von z.B. 50% diejenigen, die in dem ursprünglichen Video vielleicht eine Qualität von 60% hatten.

Um später mit WINJUPOS Jupiteraufnahmen zu derotieren, sollte die Output Option angepasst werden. Hier sollte die mittelere Zeit eingestellt werden.

Stacken von Planetenaufnahmen

AutoStakkert ist ein sehr umfangreiches und leistungsstarkes Tool, um aus Videos im Format *.ser und *.avi Summenbilder zu generieren. Batch Processing, also die Verarbeitung voin mehreren Dateien gleichzeitig, ist möglich. Wurden beispielsweise während einer Nacht mehrere hundert Videos eines Planeten aufgenommen, kann es sich lohnen, mehrere Videos gleichzeitig in das AS!3 Fenster zu ziehen und zu stacken. Es gibt aber auch einen Nachteil, denn beim Ausführen der Analyse wird lediglich ein von vielen Videos analysiert und die einzelnen Frames anhand der Qualität dieses Videos sortiert. Tragisch ist das nicht, denn es werden die automatisch gesetzten APs gestackt. Wenn also 60 Videos gleichzeitig geladen werden und die APs nur anhand eines Videos gesetzt werden, ändert sich die Position des Planeten grundsätzlich nicht. Lediglich die Bildfeldrotation z.B. bei Aufnahme mit einem Dobson und Alt-Az. GoTo kann sich ändern, was aber erst später bei der Derotation mit WINJUPOs interessant sein kann. Wenn aber bei einer Bildgröße von rund 640×480 APs mit einer Größe von rund 30-40 gesetzt werden, kann der Planet während der einzelnen Videos so viel rotieren, wie es will, es sind immer noch ausreichend APs vorhanden, die weiterhin Punkte zum Stacken markieren. AS!3 stacked übrigens nicht die Frames selbst, sondern die markierten APs einzeln.

Wenn man sich zusätzlich zu den Summenbildern auch vorgeschärfte Summenbilder ausgeben lässt, kann man diese einzeln durchgehen und bei den besten Summenbildern die dazugehörigen Videos einzeln nochmal analysieren. Möglicherweise können dann statt 40% 50% oder 60% gestackt werden. Wenn aber ausreichend gute Videos vorhanden sind und die Summenbilder derotiert werden sollen, empfehlen wir auf alle Fälle nicht mehr als 30-40% zu stacken, um möglichst viele Details herauszuholen. Gutes bis sehr gutes Seeing vorausgesetzt.

Das Stacken von Bildern ist eine Wissenschaft für sich. Es gibt unzählige Tutorials zu AutoStakkert3! und jedes davon beschreibt eine etwas andere Vorgehensweise.

Ein möglicher Workflow sieht wie folgt aus:

  • *.avi-Dateien einzeln nacheinander öffnen
  • Analyse starten
  • 25-50% der besten Frames mit einer Qualität von 45-80% stacken  (werden die Summenbilder anschließend derotiert, können je nach Qualität auch nur 5% der besten Aufnahmen mit einer Qualität über 70% gestackt werden)
    Dazu mit gedrückter [Strg]-Taste in den Qualitygraph klicken; links befinden sich 100% der besten Einzelframes und rechts 0%.
    Die Anzahl an zu stapelnden Frames wird durch einen Klick in den Qualitygraph von AS3! automatisch ermittelt. Im unterstehenden Bild sollen die besten Frames mit einer Qualität von über 55% gestackt werden. AS3! hat daraus berechnet, dass 33% der Frames der Qualität von 55% und mehr entsprechen.
  • Drizzle setzen (z.B. 1,5x)
    Das Drizzeln während dem Stacken kann insbesondere bei kleinen Objekten wie den Mars im Jahr 2021 zu Artefakten in Form von vertikalen Streifen führen. Werden mehrere Videos gleichzeitig gestackt, kann sich dieser Effekt auf manche Summenbilkder stärker auswirken. Insbesondere bei der Verwendung mehrerer APs trifft dieser Effekt auf. Gleichzeitig sind aber mehrere APs erforderlich, um die einzelnen Frames zu stacken. Daher sollte man das Drizzeln insbesondere bei kleinen Objekten weglassen und stattdessen direkt im Anschluss daran das Summenbild in z.B. Fitswork mit der Interpolation Lanczos3 um den Faktor 2 oper 3 vergrößern.
  • Qualitativ bestes Frames über den Schieberegler im Bildarbeitsbereich auswählen und Alignment Points (APs) setzen. APs nicht zu klein und nicht zu groß wählen.
  • Profitipp: Bei großen Planeten wie Jupiter verwenden die meisten Anwender die Funktion “Place AP grid“. Wer einige hundert Videos pro Nacht produziert, muss aber nicht zwingend jedes Video einzeln in AS!3 laden, analysieren und stacken. Es ist richtig, dass beim Laden von mehreren Summenbildern diese dann bis zu einem gewissen Grad”quasi”-derotiert werden. Bei den Videos schaut das Ganze allerdings etwas anders aus. Hier werden nur die von den AP-Gitter abgedeckten Punkte berücksichtig. Das bedeutet, dass z.B. 100 Videos gleichzeitig in AS!3 geladen und gestackt werden können. Allerdings gilt die Anzahl an zu stackenden Frames dann für alle Videos. Die Summenbilder der einzelnen Videos kommen am Ende nicht derotiert heraus.
Jupiter_AS3
Farbaufnahme vom Jupiter in AutoStakkert!3

Wenn 40% der besten Einzelframes mit einer Qualität von über 50% gestackt werden, bedeutet das nicht, dass die Frames mit einer Qualität von unter 5o% schlechter sind. Den Qualitätsindex von 100% geben die besten Frames des Videos an. Ein Jupitervideo mit 4000 Frames kann beim Stacken von 40% der besten Frames mit einer Qualität von 40 % wesentliche schlechtere Ergebnisse liefern als ein Video mit 500 Einzelframes. Bei eher mittelmäßigen Videos ist es sinnvoll etwa 40% der besten Frames mit einer Qualität von 40-50% zu stacken und so ein besseres Signal-Rausch Verhältnis zu bekommen. Später können die meisten Details durch das Schärfen herausgearbeitet werden.

Dem Quality Estimator sollte keine große Beachtung geschenkt werden. Stattdessen kommt es hier auf die Erfahrung und Einschätzung des Seeings an. Wenn der Graph etwa 50% der Aufnahmen mit einer Qualität von 50-100% bewertet, bedeutet das nicht, dass die Einzelframes von guter Qualität sind. Die Auswertung und Bewertung bezieht sich stets auf das beste Bild, das zwar eine Qualität von 100% erreichen kann, aber nur im Vergleich zu den anderen wesentlich schlechteren Frames. Wenn Planetenvideos bei erstklassigem Seeing gemacht werden und der Graph nur 30% der Einzelframes mit einer Qualität von 50-100% bewertet, darf man dennoch bis zu 70% der besten Frames mit einer Qualität ab 20% stacken, da durch das erstklassige Seeing auch die schlecht bewerteten Einzelframes eine ausgezeichnete Qualität haben können. Wenn aber derotiert wird und ausreichend Videos zur Verfügung stehen, können weniger Frames gestackt werden. Ist ein Video bei mittelmäßigem Seeing entstanden, kann das Stacken von 40% wesentlich mehr bringen, als wenn lediglich 20% gestackt werden. Zwar nimmt die Qualität der Details deutlich ab, aber im Verhältnis bringen 20% mehr Frames deutlich mehr in der Bildbearbeitung.

Auf die Drizzle-Funktion kann in der Regel verzichtet werden, wenn eine auf das Equipment abgestimmte Barlowlinse zum Einsatz kommt. Ansonsten darf auch das Drizzle 1,5x verwendet werden. Wir haben einen Vergleich zwischen 1,5x und 3x Drizzle angestellt. Zwar ist das Summenbild dadurch doppelt so groß, aber es muss dann auch etwa doppelt so viel nachgeschärft und entrauscht werden. Untenstehendes Bild zeigt den Vergleich, wobei viele Astrofotografen das Drizzle 1,5x empfehlen. Die Bilder sind dann relativ groß und lassen sich in RegiStax schneller bearbeiten. Der Waveletfilter muss dann aber auch feinfühliger bedient werden. Drizzeln eignet sich auch dann, wenn z.B. Artefakte durch eine Derotation mit WINJUPOS entstehen wie z.B. beim Saturn. Die Objekte sind dann recht groß und die Artefakte nicht so stark ausgeprägt.
 
Drizzle_AS3
Jupiter mit Drizzle 1,5x (links) und Drizzle 3x (rechts). Schärfung in RegiStax

Beim Stacken sollte darauf geachtet werden, dass die APs nicht mithilfe des ersten Frames platziert werden. Zwar sortiert AutoStakkert!3 die Bilder nach der Analyse absteigend nach Qualität, aber das funktioniert nicht immer zuverlässig. Folgendes Bild zeigt, dass das qualitativ beste Frame nicht Frame 1 ist. Daher lohnt es sich alle Frames im Schnelldurchgang zu betrachten und das beste Frame für die Platzierung der APs auszuwählen.

AS3_AP
AutoStakkert3! – Einzelframes vom Saturn

Bei Aufnahmen vom Mars sollten die AP manuell gesetzt werden und zwar nur dort, wo Details zu erkennen sind. Denn oftmals wird Mars von Sandstürmen heimgesucht, die nicht explizit mitgestackt werden sollen.

AutoStakkert!3 beherrscht aber noch eine ganz andere Funktion. Es können mehrere Videos gleichzeitig geladen werden. Zum Stacken wird jedoch lediglich ein Video als Referenz verwendet. Wenn das Seeing in den einzelnen Videos nicht konstant ist, dann sollten die Videos auch nicht gleichzeitig gestackt werden. Wenn Videos nacheinander gestackt werden, können die Summenbilder zusammen in AS3! geladen und gestackt werden. Vorher sollten die Summenbilder mit WINJUPOS derotiert werden. AS3! beherrscht ebenfalls die Derotation, jedoch nur für eine kurze Zeitspanne von etwa 2-5 Minuten. Um den Wischeffekt bei Jupiter zu vermeiden, sollte eine Sequenz mit einer Farbkamera nicht länger als 30-60 Sekunden sein. Bei größeren Öffnungen ab 12″ sollte eine Sequenz maximal 30 Sekunden lang sein.

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7 Gedanken zu „Planetenfotografie – Ratgeber für Einsteiger und Fortgeschrittene“

  1. Zum Thema “Barlow J/N”:

    Wenn ich das richtig verstanden habe, ist eine Barlow für MICH unsinnig???

    Meine Planetenoptiken haben von Haus aus schon f/10 (5″) bzw f/12 (6″), d.h. ich würde mit Barlow ins Oversampling fallen???

    Den Artikel finde ich 👍👍👍

    Antworten
    • Guten Morgen,

      genau. Aus diesem Grund verwenden viele Hobby Astronomen für die Planetenfotografie sowie der Beobachtung von Planeten langsame Newtons ab f/5 bis f/10. Die großen Dobsons mit Öffnungen ab 16″ stellen mit f/4 und schneller eine Ausnahme dar, da Sie für einen optimalen Einblick ohne Leiter ausgelegt sind und viele Hobby Astronomen damit DSO beobachten möchten.

      Du brauchst demnach keine Barlow, wobei das auch von der verwendeten Pixelgröße deiner Kamera abhängig ist. Hast du größere Pixel, brauchst du unter Umständen eine 1,5fach Barlow.

      Antworten
  2. Für mich der beste Artikel zum Thema Planeten mit Newton Teleskop fotografieren. Ersetzt sogar so manche Bücher.

    Gruss,
    Herbert

    Antworten
  3. Sehr schöner Beitrag. Die vielen Tipps haben mir einige schöne Nächte beschert.leider spielt das Wetter momentan nicht wirklich mit.mit dem seeing steht uns fällt nunmal alles.

    Gruß,
    Henning

    Antworten
  4. Hallo Reinhard,

    welche Astrokamera nutzt du?

    In deiner Aufnahmesoftware sollte z.B. RAW16 gewählt werden (oder RAW8 für geringere Bit-Zahl). Format am besten TIF. Debayer Preview (z.B. unter SharpCap) sollte ebenfalls aktiviert werden.

    Hast du eines der Videos in PIPP geladen, unten unter “Optimise Options for” z.B: Planetary ausgewählt und dann oben rechts im PIPP Fenster auf Test “Options geklickt”? ist das Bild farbig? Wenn ja, dann ist das gut. Wenn nicht, solltest du unter dem Reiter “Processing Options” “Debayer Raw Image Files” aktivieren sowie unter “Colour Debayer” autodetect oder Colour einstellen. Dann solltest du auch Debayer Monochrome Frames aktivieren und die entsprechende Matrix auswählen, z.B. RGGB.

    Nachtrag: Ich sehe gerade, dass du Avistack nutzt. Ich habe es mir mal heruntergeladen. Normalerweise musst du nach Process file eifnach RGB als aktiven Kanal auswählen und das Bild wird farbig angezeigt. Du kannst ja mal unter “Parameters and Settings” schauen, was unter “Codec:” steht.

    Am einfachsten wäre es mit einem Screenshot von deinem Bildaufnahmetool sowie PIPP.

    Viele Grüße,
    Raul

    Antworten
  5. Vielen Dank für die gute Anleitung, ich habe aber auch eine Frage.
    Ich habe mit einer Farbkamera Aufnahmen im RAW Format gemacht und als ser Datei gespeichert.
    Meine in Avistakk bearbeiteten Bilder sind aber jetzt alle in SW. Was habe ich falsch gemacht, oder wie komme ich zur Farbe???

    Liebe Grüße, Reinhard Lehninger

    Antworten
  6. Hallo PCPointer,

    euer Bericht ist mega! Vielen vielen Dank dafür.

    Wie ich gehört habe,soll der Bericht immer wieder Mal aktualisiert werden.Ich bin gespannt, was noch folgen wird.

    Insbesondere der Teil zum Thema Derotation und Konvertierungseinstellungen mit PIPP für Monoaufnahme hat mir sehr geholfen.

    Weiter so,
    Markus

    Antworten

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