Borosilikat-Glas-Druckplatte: PEEK mit dem Prusa i3 MK3S

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Der Original Prusa i3 MK3(S) wird standardmäßig mit einer PEI-Dauerdruckplatte ausgeliefert. Die flexible Druckplatte bietet eine gute Haftung für diverse Materialien wie PLA, PETG und ABS und ermöglicht das einfache Entfernen von Objekten durch die Biegsamkeit. Dennoch gibt es je nach Anwendungsfall gute Gründe, um auf eine Borosilikat-Glas-Druckplatte umzusteigen. Zum einen erhalten die gedruckten Objekte eine glänzende reflektierende Oberfläche auf der Unterseite und zum anderen eignen sich Glasdruckplatten aufgrund ihrer Hafteigenschaften eher für den Druck von Hochtemperaturkunststoffen wie Ultem oder PEEK.

Die Nutzung einer Borosilikat-Glas-Druckplatte erfordert je nach 3D-Drucker die Manipulation des Start-Gcode-Skripts über die Slicer-Software. Denn 3D-Drucker wie der Prusa i3 MK3(S) verwenden für den Nivellierungsvorgang (Mesh Bed Leveling) einen PINDA-Sensor, der auf metallische Objekte reagiert. Darüber hinaus ist je nach Material ein Klebestift wie der Dimafix notwendig, um eine optimale Haftung zu gewährleisten. Noch besser ist das Nano Adhesive Polymer von VisionMiner, das sowohl mit den Standardmaterialen wie PLA, PETG und ABS funktioniert als auch mit Hochtemperaturkunststoffen wie PEEK und PEI ULTEM. Darüber hinaus lässt es sich ruckstandslos entfernen und hinterlässt keine unschönen Klebeflecken auf der Oberfläche der ersten Schicht.

Um eine Borosilikat-Glas-Druckplatte nutzen zu können, sollte wie folgt vorgegangen werden:

1. Druckplattenfrofil anlegen

Ab der Firmware-Version 3.8.0 ist es möglich, über das Druckermenü des Prusa i3 MK3S mehrere Druckplattenprofile anzulegen. Deshalb legen wir uns zunächst einmal ein neues Profil an, wählen jedoch denselben Wert für das “Live adjust Z” wie für die standardmäßig genutzte Dauerdruckplatte. Denn die Federstahldruckplatte wird nach dem Mesh Bed Leveling gegen die Borosilikat-Glas-Druckplatte getauscht und die Höhendifferenz der Druckplatten im Start-Gcode-Script berücksichtig. 

2. Mesh Bed Leveling [7×7]

Prusa3D bietet mit seiner neuesten Firmware die Option Mesh Bed Leveling [7×7] an. Die Nivellierung nimmt zwar etwas mehr Zeit in Anspruch, ist aber auch deutlich genauer und weniger fehleranfällig.

3. Druckplatten – Höhe messen

Bevor es an die Slicer-Einstellungen geht, muss die Höhe bzw. Dicke der Borosilikat-Glas-Druckplatte mit einem Messschieber gemessen werden. In unserem Fall beträgt die Dicke exakt 3mm. Danach wird die Dicke der flexiblen Dauerdruckplatte gemessen, die bei uns 1,19mm beträgt. Die Differenzhöhe von 3-1.19=1.81mm ist die Höhe, auf die die Druckdüse gefahren wird.

4. Start-Gcode-Script manipulieren

In der Slicer-Software gibt es unter Druckereinstellungen->Benutzerdefinierter G-Code im Feld Start G-Code die Möglichkeit, benutzerdefinierten G-Code einzufügen. Hier implementieren wir nach dem Nivellierungsvorgang folgende Zeilen:

G1 Z50 F1000; raise nozzle 50mm
G1 Y200 F6000; bring the bed to the front
G4 S300; wait 300 seconds for glass to be placed on the print bed;
G1 Y0 F6000; move bed back
G1 Z#.## F800; lower nozzle back down over glass
; Replace the hashes with the thickness of your glass
G92 Z0; set as zero position for z axis

Der gesamte G-Code sieht wie folgt aus:

M115 U3.4.1 ; tell printer latest fw version
M83 ; extruder relative mode
M104 S[first_layer_temperature] ; set extruder temp
M140 S[first_layer_bed_temperature] ; set bed temp
M190 S[first_layer_bed_temperature] ; wait for bed temp
M109 S[first_layer_temperature] ; wait for extruder temp
G28 W ; home all without mesh bed level
G80 ; mesh bed leveling
G1 Y-3.0 F1000.0 ; go outside print area
G1 Z50 F1000; raise nozzle 50mm
G1 Y200 F6000; bring the bed to the front
G4 S300; wait 300 seconds for glass to be placed on the print bed;
G1 Y0 F6000; move bed back
G1 Z1.81 F800; lower nozzle back down over glass
; Replace the hashes with the thickness of your glass
G92 Z0; set as zero position for z axis
G92 E0.0
G1 X60.0 E9.0 F1000.0 ; intro line
G1 X100.0 E12.5 F1000.0 ; intro line
G92 E0.0
M221 S{if layer_height==0.05}100{else}95{endif}

Experten-Tipp: Als Pause haben wir 300 Sekunden gewählt, um der Borosilikat-Glas-Platte ausreichend Zeit zum Aufheizen zu geben. Für Hochtemperaturmaterialien mit einer Druckbetttemperatur von mindestens 130°C empfehlen wir, nach dem Start des 3D-Drucks die Glasplatte auf die Federstahlplatte zu legen, bis die Endtemperatur erreicht ist. Sobald das Mesh Bed Leveling startet, kann die Glasplatte entfernt werden. Nach dem Nivelierungsvorgang wird die Federstahldruckplatte entfernt und die bereits vorgeheizte Glasdruckplatte aufgelegt und mit Klammern (25-32mm Dicke) fixiert. Beim Fixieren ist Vorsicht geboten, damit die Nozzle nicht mit den Klammern kollidiert. Durch die bereits vorgeheizte Glasplatte wird zum einen ein Thermial Runaway verhindert und zum andern die Druckbetttemperatur vor Ablauf der 300 Sekunden erreicht.

5. Druckdüsenhöhe anpassen

Vor dem ersten Start sollte die Druckdüsenhöhe nochmals nachjustiert werden, um einen perfekten ersten Layer zu gewährleisten. Die errechnete Höhendifferenz der beiden Druckplatten, die im G-Code implementiert wurde, ist dafür nicht ausreichend. Deshalb sollte der erste Druck aus einer einzigen Schicht bestehen. Beim Prusa i3 MK3S legt man sich am besten Profile für PLA, PETG und ABS für PEI-Dauerdruckplatten an und anschließend dieselben Profile für die Borosilikat-Glas-Druckplatte.

Für neue Materialien gehen wir wie folgt vor (z.B. ABS):

  • 100mm fördern und prüfen, ob tatsächlich 100m extrudiert wurden. Falls nicht, in Firmware anpassen
  • ein einschichtiges Viereck in der Mitte der PEI-Dauerdruckplatte drucken und den optimalen Wert für das Live adjust Z ermitteln
  • 9 Vierecke verteilt drucken, um gegebenenfalls Mesh Bed correction durchzuführen.
  • Wenn alles passt, dann neues Profil für die Borosilikat-Glas-Druckplatte anlegen und zunächst den Wert für das Live adjust Z übernehmen
  • neues Profil aktivieren
  • ein einschichtiges Viereck in der Mitte der Druckplatte drucken, wobei vorher der Gcode entsprechend der Beschreibung manipuliert werden sollte
  • während dem Druck das Live adjust Z anpassen. Theoretisch könnte diese Differenz auch ermittelt werden und im Gcode berücksichtigt werden. Das würde bedeuten, dass sowohl für PEI als auch für Borosilikat-Glas der selbe Live adjust Z-Wert gilt.
  • Vor dem ersten 3D-Druck stets prüfen, welches Profil aktiviert ist. Auch der Gcode sollte je nach Druckplatte angepasst werden.

Für Hochtemperaturmaterialien sollte der optimale Abstand zwischen der Druckdüse und dem Druckbett ohne Filament ermittelt werden. Der Abstand zwischen Druckdüse und Druckbett kann bei höheren Temperaturen wesentlich größer sein als bei PLA, PETG und ABS. In unserem Test betrug der Wert für das Live adjust Z -0.858 (PLA auf einer Borosilikat-Glasplatte). Bei einer Hotend-Temperatur von 410°C und einer Heiztbetttemperatur von 135°C betrug der Live adjust Z-Wert -1.255. Um den exakten Wert ermitteln zu können, sollte ein Schicht testweise ohne Filament gedruckt werden und während dem Druckprozess ein etwas dickeres Blatt Papier (z.B. ein Werbeflyer) zwischen die Druckdüse und dem Druckbett geschoben werden. Nun wird solange am Live adjust Z-Parameter gedreht, bis ein gewisser Widerstand am Papier wahrgenommen wird.

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